Schlacke ist nicht gleich Schlacke

oder: nicht immer alles in einen Topf werfen.

Was bei einem Eintopfgericht munden kann, führt bei Themen aus der Wissenschaft in aller Regel in die Irre. Das ist einerseits bei Laien zu beobachten, wobei wir gerade auch hier und in der Impaktforschung nicht alles in einen Topf werfen wollen. Mit Laien wollen wir keineswegs die große Zahl von Amateur-Impaktforschern bezeichnen, die – auf der ganzen Welt – einen unermesslichen Schatz von neuen und wichtigen Erkenntnissen in der Impaktforschung, sei es in jahrelangen Geändearbeiten oder beim Probensammeln oder Probenpräparieren, sei es mit unermüdlichen Dokumentationen ihrer teilweise wertvollen Funde und Befunde, beigebracht und gegen Entmutigungen von kurzsichtigen und uninteressierten Amts- und Universitäts-Meinungen angekämpft haben.

Mit Laien meinen wir insbesondere die selbsternanten „Experten“, die, seit es die mittlerweile vielfach fragwürdigen Möglichkeiten des Internets gibt, in Wikipedia-Beiträgen und – Diskussionen sowie in sich wissenschaftlich gebärdenden Blogs, meist ohne die geringsten fachlichen Kenntnisse und die in der Wissenschaft in der Regel üblichen einfachsten Diskussionsstandards zu beherrschen, den nichtssagenden, häufig grotesken, manchmal polemischen Eintopf anrühren.

Diese unsere Webseite mit ihren aufregenden und wissenschaftlich überzeugend belegten, in der Impaktforschung generell akzeptierten Kriterien ist leider davon nicht ausgenommen. Betrüblich in diesem Fall ist, dass sich ein namentlich bekannter Wissenschaftler beim Niederrhein-Impakt auch bemüßigt fühlte, seinen – sollen wir sagen? – Senf zum Eintopf geben zu müsse. Das leitet über:

Das wissenschaftliche „Alles-in-einen-Topf-werfen“ ist auch der angeblich strengen Wissenschaft nicht fremd, vor allem dann, wenn es um neue, häufig spektakuläre Forschungsergebnisse geht, die mit dem bisherigen Lehrbuchwissen und Schubladendenken kollidieren. Das ist, wen nimmt es Wunder, vielfach in der Geologie und, damit sind wir beim engeren Thema, in der Impaktforschung zu beobachten, wozu ein kritischer Beitrag HIER angeklickt werde kann.

Schlacke ist nicht gleich Schlacke.

Um es vorwegzunehmen: Schlacke ist kein genetischer sondern eher ein morphologischer Begriff (was dem Eintopf entgegen kommt).

Eine Hauptunterscheidung lässt sich dennoch genetisch begründen: auf der einen Seite anthropogene, häufig industrielle Schlacke, auf der anderen Seite geogene, meist vulkanische Schlacke.

Wie sich die Bilder gleichen:

Von oben links nach unten rechts: Impakt-Schlacke mit Schockeffekten, Chiemgau-Impakt – Ablöschschlacke der Eisenverhüttung als Baustein (Bahnhof-Bergen) – „Scoria“ Impakt-Schlacke Chapadmalal, Argentinien, Schlacke-Schicht eines unbekannten Impakts – Ablöschschlacke Detailaufnahme.

Vielfältiger wird die Sache mit der Schlacke in den folgenden Bildern.

Industrie- und andere anthropogene Schlacken: Hüttenschlacke Saarland (LoKiLeCh) – Blei-Verhüttung (G. Heim) – Eisen-Verhüttung, Spätantike (wikiwand) – organische Verbrennungsschlacke (Wikipedia, Tetris L) – Schlacke Rennfeuerofen (Wikipedia, Pingsjong) – Eisenhüttenschlacke (fehs)

Vulkanische Schlacken, Tephra, Pyroklastika, von oben links nach unten rechts: Wiki,Digon3 – Tephra (Wiki, J. Baier) – Tephra (Wiki, GOKLuLe) – Tephra (Univ. Pittsburgh)

Auch zum Verwechseln ähnlich: ein Kalktuff (Ustill).

Impakt-Schlacken und schlackeartige Impaktite: von oben links nach unten rechts: Nördlinger Ries-Krater, Suevit-Bombe – Rubielos de la Cérida (Spanien) Impaktbecken – Chapadmalal (Argentinien), „Scoria“ = (spanisch) Schlacke, Impaktablagerung von unbekanntem Krater – Henbury-Kraterfeld, Australien – Rochechouart (Frankreich) Impaktit – Saarland-Impakt (Nalbach/Saarlouis), Impakt-Schlacke aus archäologischer Ausgrabung Nalbach.

Menschlich (Wikiwand) und eigenes Bild, Blitzeinschlag und Impakt: als reines Fundstück nicht eindeutig zu unterscheiden.

Die Quintessenz:

Die von Impakt-Gegnern immer wieder in einen Topf geworfenen Schlacken und deren angeblich industrieller oder sonstwie menschlicher Ursprung können aufgrund der Funde im Gelände in der Regel keiner bestimmten Genese zugeordnet werden. Der unsinnige Streit, insbesondere bei Laien-„Experten“, aber immer wieder auch bei (sollen wir sagen: verbohrten?) Wissenschaftlern mit der Ablehnung selbst von bewiesenen Impakt-Ereignissen manifestiert, ist müßig. Treten junge Impakte, bewiesene oder vermutete, in industriell geprägten Landschaften auf, können sich Befunde und Funde vermischen und logischerweise leicht zu Verwechslungen führen. Logischerweise deshalb, weil bei einem Impakt durchaus einige ähnliche Prozesse wie bei industriellen Prozessen ablaufen und sehr ähnliche Formen entstehen können. In der Wissenschaft ist das unter dem Begriff der „Konvergenz“ wohlbekannt, dass ganz unterschiedliche Prozesse zu sehr ähnlichen Phänomenen führen können. Gerade in der Geologie wird diese „Konvergenz“ häufig sträflich übersehen, was leicht Fehlinterpretationen zeitigt.

Eine ernsthafte Beschäftigung mit Schlacke-Verwechslungsmöglichkeiten setzt sorgfältige mineralogische Analyse mit Dünnschliffen und REM-EDX voraus, und dann ist die Unterscheidung in der Regel einfach: Schockeffekte (PDF, PF, Ballenstrukturen, diaplektisches Glas u.a.) treten nur in Impaktiten auf, niemals in anthropogenen und vulkanischen Schlacken.